Haushalt 2022: Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden

Herr Bürgermeister
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Langenfelderinnen und Langenfelder am Live-Stream,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Saal,

„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts“. Dieses Zitat des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, gesprochen zur Zeit des Kalten Krieges, ist aktueller denn je.

Das Undenkbare ist passiert. Der Krieg ist zurück in Europa. Angefacht durch den russischen Präsidenten, der in einer Mischung aus zaristischem Größenwahn und dem Wunsch zur Rückkehr in sowjetische Zeiten ein souveränes Land überfällt. Er und seine Machtelite sind für Leid und Tod zahlreicher Menschen in der Ukraine verantwortlich. Es kann nicht akzeptiert werden, dass Tag für Tag Menschen ihre Angehörigen verlieren, ihre Existenzen zerbombt werden, das letzte Hab und Gut verbrannt wird und sie deshalb ihre Heimat fluchtartig verlassen müssen.

Wir, die SPD in Bund, Land und hier bei uns in Langenfeld verurteilen diesen Krieg auf das Schärfste und fordern Russland auf, sofort alle Kampfhandlungen zu beenden und ernstzunehmende Verhandlungen mit dem Ziel der Wiederherstellung von Frieden, Recht und Ordnung zu führen.

In dieser schweren Situation zeigt sich aber auch eines wieder: Langenfeld ist solidarisch, Langenfeld steht zusammen. Die Menschen dieser Stadt gehen auf die Straße. Sie demonstrieren und beten öffentlich für den Frieden. Sie kümmern sich um andere und das neben Beruf und Familie. Sie betreuen Geflüchtete, nehmen sie bei sich zu Hause auf, koordinieren Spenden oder unterstützen dort, wo ihre Hilfe am meisten gebraucht wird.

Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung leisten Großes. Mit den Erfahrungen aus 2015 haben sie schnell gehandelt. Sie haben gehandelt, noch bevor Informationen aus Bund oder Land vorhanden waren.

Dass Europa auch im Kleinen funktionieren kann und in der Krise auch funktionieren muss, hat Langenfeld ebenfalls gezeigt. Unbürokratisch habt die Verwaltung die Sportvereine TuSpo Richrath und Germania Reusrath unterstützt beim Verladen von Spenden und Hilfsgütern für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer, alles in Absprache mit unserer Partnerstadt in Gostynin. Sie alle haben damit gezeigt, was es heißt, Europäer zu sein. An dieser Stelle möchte ich den Initiatoren, den freiwilligen Helferinnen und Helfern und den Mitarbeitenden der Verwaltung herzlich danken.

Sehr geehrte Damen und Herren,

bei dieser Krise wirkt eine Debatte über den Haushalt schon fast nebensächlich. Doch so trocken und marginal das Thema scheinen mag, mit der Entscheidung über die städtischen Finanzen wird auch die Politik für das laufende Jahr geprägt. Deshalb möchte ich Sie nicht mit einer Aneinanderreihung von Zahlen langweilen, sondern mich auf die wenigen wichtigen Zahlen beschränken.

Bürgermeister Schneider hat einen Haushalt für das Jahr 2022 mit einem Defizit von 12,5 Mio. Euro eingebracht. Aber dabei soll es nun nicht mehr bleiben. Der Haushaltsentwurf wurde weiter und weiter mit zahlreichen nicht lesbaren Änderungslisten nach unten korrigiert und weist nun ein Defizit von knapp 18 Mio. Euro auf. Ja, Sie haben richtig gehört. 18 Mio. Euro Defizit. Von dem Bürgermeister, der sich sonst jedes Jahr selbst feiert, weil die Stadt trotz aller Planungen einen Überschuss erwirtschaftet, legt diesem Rat einen Haushalt vor, der ein Minus von 18 Mio. Euro vorsieht.

Was für viele noch brisanter sein dürfte:

Geht es munter so weiter, müssen 2023 wieder Schulden gemacht werden. Für nicht weniger als 2 Mio. Euro müssen dann Kredite aufgenommen werden. Futsch wäre die Schuldenfreiheit dieser Stadt nach 14 Jahren. Futsch wäre aber eben auch damit das letzte Thema, bei dem sich Bürgermeister und CDU noch einig sind. Einig ist man sich sonst nur noch darin, dass man sich uneinig ist. Das schadet unserer Stadt. Das hat unsere Stadt so nicht verdient.

Und damit kommen wir zum nächsten Thema: Der Haushalt ist immer auch ein Spiegelbild der Arbeit des Bürgermeisters und der Politikerinnen und Politiker, die den Haushalt tragen. Und damit ein Zeichen für die Qualität der Arbeit von Bürgermeister, CDU und der BGL – den neuen im Bündnis. Zusammen bilden sie ab sofort die Schuldenkoalition Langenfeld. Liebe BGL, daraus hat selbst die FDP gelernt.

Aber was tatsächlich auf die städtischen Finanzen und damit auf uns zukommen wird, kann heute eh keiner sagen. Denn schauen wir auf 2021 zurück, sehen wir, dass von den beschlossenen Baumaßnahmen und Projekten lediglich 46 Prozent umgesetzt wurden. Das bedeutet, aufgrund von fehlenden Prioritäten und vor allem zu wenig Personal in den zentralen Bereichen wie Bauen und IT können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Verwaltung nicht mal 50 Prozent der Arbeiten erfüllen. Eine frustrierende Situation für alle Beschäftigten. Sie werden von Bürgermeister und CDU einfach allein gelassen. Gleiches gilt für den Haushalt. Die Mitarbeitenden der Verwaltung haben viel geleistet beim Haushalt, sind aber am Bürgermeister gescheitert. Herr Grieger, Ihnen und Ihrem Team danken wir trotzdem und vor allem deshalb für Ihr Engagement für einen besseren Haushalt.

Das Chaos des Vorjahrs setzt sich weiter fort. Ich erinnere nochmal daran, da die CDU das nur zu gerne vergessen möchte. Haushalt eingebracht, Haushalt zurückgezogen, wieder eingebracht und trotzdem war alles beim Alten. In 2022 sollte dann alles besser werden und ein realistischer Haushalt sollte geboren werden. Doch in der Begründung zum Haushalt steht wortwörtlich „die Planungen ab dem Haushaltsjahr 2023 [sind] realistischer zu gestalten.“ Das – meine sehr verehrten Damen und Herren – hat aber mal so gar nichts mit den gesetzlichen Vorgaben von Haushaltsklarheit und -wahrheit zu tun.

Und anstatt der versprochenen Übersicht offener Projekte und Vorschläge, wie man die Misere beenden könnte, wiederholte sich 2021. Damit der Haushalt besser aussieht, sollten auch dieses Jahr die Langenfelderinnen und Langenfelder das Ganze wieder ausbaden. So sollten 2021 die Eltern durch höhere Gebühren in Kitas und OGS den Haushalt retten. Nur durch massive Kritik der SPD, dem sich alle anderen Fraktionen dann anschlossen, konnte das verhindert werden.

In diesem Jahr kam der Bürgermeister dann auf die waghalsige Idee, den Betriebshof kaputt sparen zu wollen und einfach mal weniger in Straßen, Winterdienst und sichere Spielplätze zu investieren. Der Druck der SPD hat gewirkt. Alle Fraktionen haben sich gemeinsam darauf verständigt, die hohe Qualität des Betriebshofs beizubehalten. Und: Fast noch wichtiger, nicht einfach weiterzumachen, bis die nächste Kürzungswelle kommt, sondern bis zum nächsten Haushalt zu erarbeiten, welche Standards wir in Langenfeld benötigen.

Aber natürlich geht es nicht ums Verhindern, sondern vielmehr darum, Langenfeld weiterzuentwickeln, sozialer und gerechter zu machen. Das ist zumindest der klare Wille der SPD. Andere Fraktionen mögen das anders sehen. Aber für die SPD geht es darum, der viel beschworenen Forderung nach Prioritäten auch Taten folgen zu lassen. Wir haben die Themen Familie, Bildung, Jugend und Soziales in den Mittelpunkt gesetzt. Mit der SPD kommt Langenfeld voran.

Nachdem sich in Langenfeld konservative Kräfte scheinbar nur mit immer niedrigeren Steuersätzen für große Unternehmen auseinandersetzen können, hat die SPD die Entlastung von Eltern mit kleinen bis mittleren Einkommen angestoßen. Wir hätten zwar bereits lieber in diesem Jahr schon einen Stufenplan zur Senkung der Gebühren von Kitas und offenen Ganztagsschulen verabschiedet, sind aber an der neuen Koalition aus CDU und BGL gescheitert. Kleiner Erfolg: Eine Arbeitsgruppe soll nun die Gebührentabelle überarbeiten und Eltern nicht schon ab einem Familieneinkommen von 28.000 Euro zur Kasse bitten.

Mit der SPD werden Grundschülerinnen und -schüler besser vor dem Corona-Virus geschützt, indem nun auch für die restlichen Räume in den Grundschulen Luftfilter angeschafft werden. Grüne, SPD und FDP hätten gerne die Sicherheit für alle Schülerinnen und Schüler dieser Stadt erhöht, aber dies ist erneut an BGL und CDU gescheitert.

Mit der SPD geht es aber nun auch in anderen Bereichen Langenfelds voran:

Ein Konzept, den öffentlichen Personennahverkehr in dieser Stadt endlich zu modernisieren, haben wir gemeinsam mit anderen Fraktionen auf den Weg gebracht. Das wird allerdings erst 2023 umgesetzt werden können, wegen fehlender personeller Kapazitäten.

Mit der SPD kommt der Hochwasserschutz. Während sich andere Fraktionen in pseudo-akademischen und populistischen Debatten überschlagen, stehen wir an der Seite der Verwaltung und setzen um, statt zu verhindern.

Die SPD setzt sich dafür ein, dass die Stadtverwaltung Langenfeld eine attraktive Arbeitgeberin ist.

Wir bringen gemeinsam mit den anderen Fraktionen ein Projekt gegen Radikalisierung in der Gesellschaft auf den Weg.

Masken für Sozialbedürftige kommen.

Auch den Pumptrack bringen wir gemeinsam mit den anderen Fraktionen voran, mit der CDU hätte dieser auch eine Chance gehabt bereits in 2022 an den Start zu gehen.

Unter dem Motto: „versprochen und gehalten“, auf eine ganz andere Art und Weise, wurde die Sportstadt Langenfeld durch SPD und Grüne gestärkt. Gemeinsam haben wir die Sporthallennutzungsgebühr abgeschafft. Die Vereine, die besonders unter der Krise gelitten haben, wurden von diesem Bürokratiemonster befreit. Zugleich haben wir ein altes -leider vergessenes- Versprechen der CDU aus 2003 umgesetzt. Im Sinne der Vereine haben wir gerne Ihre Arbeit erledigt. Bitte sehr, liebe CDU.

Ich komme nun zum Schluss:

Im Endeffekt weiß heute jeder der Kolleginnen und Kollegen Ratsmitglieder, die für den Haushalt stimmen, nichts, rein gar nichts,

  • nicht, welche Projekte tatsächlich umgesetzt werden, weil einfach viel zu viele drin sind,
  • nicht, wie hoch das Defizit wirklich aussehen wird.
  • Sie wissen nur eins, dass viele von den wirklich wichtigen Projekten, die wir gemeinsam beschlossen haben, einfach nicht kommen werden, nicht kommen können, aufgrund fehlender personeller Kapazitäten.

Das ist ein politischer Offenbarungseid.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und BGL, das darf nicht Ihr Anspruch an Politik sein, das darf nicht unser Anspruch an Politik sein. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass das, was Rat und Ausschüsse beschlossen haben, auch so kommen wird. Das ist wahre Transparenz, liebe BGL. Dieser Haushalt ist aber das absolute Gegenteil.

Jeder mit noch einem letzten Anspruch an eine korrekte und solide Haushaltsführung kann diesem Entwurf nicht folgen.

In Verantwortung für diese Stadt wird die SPD-Fraktion daher den Haushalt 2022 ablehnen.

Vielen Dank und Glückauf!

 


Es gilt das gesprochene Wort.

Unsere Haushaltsrede zum Download (PDF)