Liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute führen wir die fünfte Haushaltsberatung und damit die letzte in dieser Legislaturperiode.
Ich möchte heute nicht all unsere Anträge aufführen, die naturgemäß von der Mehrheitsfraktion abgelehnt wurden, dann aber zum Teil leise durch die Verwaltung doch umgesetzt wurden. Als Beispiele möchte ich unsere Anträge zur Aufstockung der Stellen von Schulsozialarbeitern nennen, die Ausweitung der Kita-Öffnungszeiten, oder den Maßnahmen bei Starkregenereignissen, die Schaffung weiterer Parkplätze am S-Bahnhof Langenfeld, die Langenfeld-APP. Auch wäre ohne die SPD bei der OGS bis heute nichts passiert.
Was ist in diesen fünf Jahren passiert? Es gab wenige Gewinner: Einige wenige große Unternehmen profitieren von der Senkung der Gewerbesteuer. Es profitieren nicht der Handwerker, nicht der Bäckermeister, nicht der Friseursalon und auch nicht der inhabergeführte Einzelhandel. Und es gab viele Verlierer: Eltern auf der Suche nach einem Kita-Platz, Kinder und Erzieher, die in schlechten räumlichen Bedingungen arbeiten, Menschen mit durchschnittlichen Einkommen, die eine bezahlbare Wohnung suchen und Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen. Wir sprechen also nicht nur vom sogenannten kleinen Mann, sondern von Menschen in der Mitte der Gesellschaft.
Für Wohnen müssen die Menschen immer größere Teile ihres Gehalts aufwenden. Hohe Mietpreise und Wohnungsnot verfestigen und verstärken soziale Ungleichheit. Sie nehmen den Menschen das Geld für den weiteren Lebensunterhalt und damit Teilhabechancen und letztlich Lebensqualität. Die Problematik Wohnraummangel und bezahlbares Wohnen trifft längst weite Teile der Bevölkerung.
Die Stadt muss aus unserer Sicht wieder eine stärkere Rolle in der Wohnungspolitik spielen und aktiv mehr für die soziale Daseinsvorsorge unserer Bürgerinnen und Bürger tun. Mit dem Strategiekonzept des Bürgermeisters „Wohnen 2025“, kann nicht einmal die Anzahl der Wohnungen ausgeglichen werden, die aus der Mietpreisbindung zukünftig herausfallen.
Die bisherigen Wege haben uns in Langenfeld nicht weitergeholfen. Auf die private Bauwirtschaft können wir uns leider nicht verlassen und das Verhalten des Bürgermeisters gegenüber dem Bauverein, als wichtigste gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft in Langenfeld, ist aus unserer Sicht unangemessen und kontraproduktiv. Wir konkurrieren mit den Metropolen Düsseldorf und Köln um die teuersten Mieten in NRW. Deshalb brauchen wir eine städtische Wohnungsbaugesellschaft und eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik, um eine nachhaltige und steuerungsfähige Wohnraumpolitik für Gering und Normalverdiener zu gestalten. An unseren einvernehmlichen Grundsatz, dass Innenraumverdichtung vor einer Bebauung im Außenbereich geht, hält sich die CDU-Fraktion nicht. Man sieht das an den Reaktionen bei der Bebauung im Martinsviertel oder auch am Schumann- und Schubertweg. Man muss halt nur wollen, Herr Schneider…Da passt Ihre Äußerung in der Neujahrsrede überhaupt nicht, dass die steigenden Mieten in unserer Stadt die Attraktivität unserer Stadt widerspiegeln. Wenn nach der Miete das Geld zum Leben fehlt, ist die Attraktivität der Stadt schnell am Ende.
Um das noch einmal deutlich zu machen:
In Langenfeld sind die Mieten einer 60qm Wohnung in der Zeit seit 2011 bis heute um 34% gestiegen. Im Vergleich stiegen im gleichen Zeitraum in Deutschland die Mieten um 14% (Quelle: wohnungsboerse.net; 04.02.2020).
Im gleichen Zeitraum betrug die allgemeine Preissteigerung 11,5 Prozent und die Reallohnentwicklung lag bei (nur) + 11 Prozent (Quelle: Wohnungsmarktbericht der NRW.BANK 2018, S. 44).
Wir bleiben dabei: Bezahlbarer Wohnraum schafft Quartiere in denen sich Menschen kennen, gerne aufhalten und gegenseitig helfen. Das schafft selten eine reine Bebauung mit Reihenhäusern und teuren Eigentumswohnungen. Bezahlbares Wohnen ist die sozialpolitische Herausforderung der kommenden Jahre.
Der Zukunftsforscher Matthias Horx, der mit seinem Team den Zukunftsreport 2020 herausgegeben hat, schreibt, dass die kommunale Ebene in Zukunft wichtiger wird als die nationale. Er erklärt es damit, dass Probleme wie etwa der Klimawandel, der Umweltschutz oder der erstarkende Populismus seit längerem die gesellschaftliche Debatte bestimmen. Und auf der Ebene von Städten und Gemeinden sähe man, dass reine Parteipolitik nicht funktioniert. Auf lokaler Ebene sollte nicht polarisiert werden, das wäre das Ende der Kommunen.
Er schreibt auch, dass ohne Visionen Kommunen keine Zukunftschancen hätten. Fehle die Idee von Veränderung, ginge der Zusammenhalt verloren und es beginnt ein Erosionsprozess, der nicht mehr zu stoppen ist. Visionen sucht man bei unserem Bürgermeister seit über 10 Jahren vergeblich. Selbst die kleinen „Ideechen“, verlaufen oftmals im Nirwana: 1000 Elektroautos bis spätestens 2022 (zurzeit sind es etwa 200). Den Stadtschlüssel im Rahmen von Future City nutzen von knapp 40.000 zugelassenen PKW`s in Langenfeld nur circa 4.000 Personen.
Kommen wir zur Digitalisierung in Langenfeld: Ein Digitalisierungsbeauftragter der nicht in Erscheinung tritt, außer auf einem Foto mit einigen Superlampen im Freizeitpark Langfort. Ebenso lässt der „digitale Rat“ auf sich warten.
Die Digitalisierung kann viele Probleme von Städten lösen.
Dies wären aus unserer Sicht die Bürgerinnen und Bürger sowie Handel und Industrie von Bürokratie zu entlasten. Arbeitsschritte effizienter zu machen, um der überlasteten Belegschaft der Stadtverwaltung unter die Arme zu greifen.
Unter bürgerfreundlicher Bürokratie verstehen wir zum Beispiel die Möglichkeit der Beantragung, Verlängerung und Zusendung von Dokumenten wie Reisepass und Personalausweis, den Wohnsitz ummelden oder Kindergeld online zu beantragen. Den fließenden Verkehr je nach Belastung zu lenken und die Parkraumsuche zu minimieren. Damit sind andere Städte heute schon erfolgreich. Das wäre eine wirkliche Smart-City, die nicht nur aus dem Stadtschlüssel besteht.
Eine Umfrage hat ergeben, dass neun von zehn Befragten stärker in Vor-Ort-Entscheidungen einbezogen werden wollen. Hier wurde genannt: konkrete Verbesserungsvorschläge, die online eingereicht werden können oder die Möglichkeit, sich an Planungs- und Entscheidungsprozessen zu beteiligen, wie z. B. der Bürgerhaushalt. Lassen Sie uns gemeinsam fortschrittlich werden. Das gilt auch für den digitalen Rat.
Klimaschutz ist ein großes und globales Thema, bei dem es natürlich einerseits um die alternative Energieversorgung geht, aber andererseits auch darum, wie wir mit der Umwelt und der Natur umgehen. Wir müssen sozusagen unser Verhältnis zu Verkehr, Fortbewegung, Nahrung, Landwirtschaft und Landschaft neu definieren.
Notwendig dabei sind eine sachliche Auseinandersetzung und eine nachhaltige Politik. Deutschland allein wird das Weltklima nicht retten, und dennoch ist jeder einzelne ein Teil des Ganzen. So müssen auch wir als Stadt mit 59.000 Einwohnerinnen und Einwohnern unseren Beitrag leisten. Wir haben manches erreicht, aber wir müssen besser werden. Wir werden das Klima ganz sicher nicht mit Klimanotständen, Katastrophenhysterie sowie Verboten jeder Art retten. Aber die Ankündigung des Bürgermeisters den Plastikmüll in Langenfeld zu reduzieren, ergab bei unserer Anfrage im Planungs- und Umweltausschuss, außer dass bei der Verwaltung keine Blumen und Geschenke mehr in Plastik verpackt werden, nur Hinweise darauf, was andere tun sollten um Plastikmüll zu vermeiden. Im diesjährigen Haushalt sind tatsächlich 15.000 Euro aufgeführt, für die 1000 Pfandbecher beschafft werden sollen. Da können wir nur sagen: Dies ist keine Innovation und Einsatz für den Klimaschutz. Die Mitarbeitenden der Verwaltung führen gute Aktionen und Beratungen zum Thema Klimaschutz durch, doch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Beschneidung der CO2- Einsparungen durch die Höhenreduzierung der Windkraftanlagen in Reusrath bis heute nicht kompensiert wurde und neue nachhaltige Ideen fehlen.
Um den Klimaschutz wirksam voranzubringen, müssen wir Innovationen fördern und dabei soziale Härten vermeiden. Weiterhin muss der ÖPNV besonders in den äußeren Stadtteilen ausgebaut werden und der Fahrradverkehr massiv gefördert werden. Und um den Radverkehr zu fördern, gehört aus unserer Sicht mehr, als nur das Aufmalen einiger Striche auf der Straße. Unter Bürgermeister Schneider wurde sogar eine Buslinie eingestellt und keine neue geschaffen. Selbst der Landrat kritisiert den Bürgermeister, weil wir unsere Bustaktung nicht an den S-Bahn-Takt anpassen. Herr Schneider, wo bleibt eigentlich ihre Ringbuslinie? Wie warten auch hier wieder vergeblich…
Zur Ehrlichkeit gehört aber auch: All das gibt es nicht zum Nulltarif
Die Belastung wird alle treffen: Bürger, Kommunen, Bund und Länder. Allein eine echte Verkehrswende kostet über Jahre Milliardenbeträge für den Umbau der Städte und Gemeinden, mehr Busse, mehr Bahnen, mehr Schienenverkehr, mehr Fahrradinfrastruktur und vieles mehr.
Hier haben wir allerdings den Eindruck, dass die CDU und der Bürgermeister dies zum Nulltarif haben möchten. Einzig Förderprogramme umzusetzen reicht nicht, hier ist in verstärktem Maße Eigeninitiative gefragt.
Gleichzeitig müssen wir den Bürgern deutlich machen, dass das Motto „Ich bin für Klimaschutz, aber gegen Windräder, nicht funktionieren kann. So ist es unter der CDU-Landesregierung auch nicht verwunderlich, dass der Ausbau der Windkraftanlagen aufgrund neuer Beschränkungen zurück geht. Auch dort wird die Untätigkeit mit „warmen Worten“ und Aufrufen kaschiert. Anmerkung: Die Stadtwerke bieten zumindest korrekten Ökostrom an.
Die Lage in Langenfeld ist nach wie vor gut. Trotz Eintrübung des Wirtschaftswachstums durch die internationalen Handelskonflikte, ist die Arbeitslosenquote gering und die Steuereinnahmen sind nach wie vor hoch. Wir haben liquide Mittel in Höhe von 44 Millionen Euro. Auch die Steuersenkungen werden nicht dazu führen, dass Langenfeld Angst haben muss, seine Ausgaben nicht mehr tätigen zu können. Im Gegenteil, durch die Sparpolitik des Bürgermeisters und der CDU-Fraktion, gibt es seit Jahren zu wenig Mitarbeiter in der Verwaltung, die notwendige Investitionen durchführen könnten. Zur Erinnerung: Der Investitionsrückstand betrug im vergangenen Jahr in Langenfeld 5 Millionen Euro. Wir haben zu wenig Kita-Plätze. Die OGS ist in einem schlechten Zustand. Wir lassen Straßen und Gehwege von den Bürgern reinigen. Gleichzeitig gibt die CDU-Fraktion rund eine halbe Millionen Euro in diesem Haushalt für Konzepte aus, deren Umsetzung wie „warme Worte im Raum“ auf sich warten lassen.
Deutschland ist ein reiches, ein sicheres und ein soziales Land. Gleichzeitig ist die Stimmung vergleichsweise schlecht. In Teilen der Medien und sozialen Netzwerke ist Deutschland ein von Katastrophen und Notständen geprägtes Land. Gerade der Begriff „Notstand“ zeigt das. Notstände behindern unseren Blick: Klimanotstand, Pflegenotstand, Finanznotstand, Infrastrukturnotstand und vieles mehr.
Wir lösen keine Probleme, aber beschreiben sie gerne und zwar möglichst drastisch. Angst regiert das Land und Populisten gaukeln vor, es gebe für jedes noch so komplexe Problem eine einfache Lösung. Wir haben uns zu einer Empör- und Betroffenheitspolitik entwickelt. Wer am lautesten schreit, bekommt das, was er möchte. Diejenigen die nicht schreien, wenden sich ab und schimpfen über die Politik. Die Antragsflut der Kolleginnen und Kollegen im Bauausschuss gehört ebenfalls in diese Rubrik. Auch dort verdrängen die Diskussionen über das „Kleinklein“ die Maßnahmen zur notwendigen Nachhaltigkeit.
Ich würde mir für den anstehenden Wahlkampf wünschen, dass wir alle sachlich bleiben und mit Verstand die Probleme in unserer Stadt lösen.
Zum Schluss noch einige Geschehnisse, die Ihnen, Herr Bürgermeister, persönlich anzukreiden sind: Seit Jahren versucht die Verwaltung transparente, vergleichbare und messbare Kennzahlen im Haushaltsplan abzubilden, getan hat sich bis heute nichts. Die Auseinandersetzungen mit dem Bauverein Langenfeld. Die fehlende Unterstützung ihrer Fraktion bei der Umsetzung der Windräder. Die Betriebshofaffäre und der Betrugsskandal in der Verwaltung. Freistellung des Chefs der Stadtwerke nach einer desolaten Geschäftsführung. Wenn Sie ein Fußballtrainer wären, hätte man Sie schon längst vom Platz genommen.
Unsere Fraktion sieht keine Notwendigkeit, die bilanziellen Rücklagen der Stadt auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger weiter aufzufüllen und Steuergeschenke an gut laufende große Unternehmen zu verteilen. Wir brauchen heute die Investitionen in die Zukunft, in Kitas, Schule, Infrastruktur und das können wir ganz ohne neue Schulden schaffen. Überschüsse zu erwirtschaften, weil Investitionen nicht umgesetzt werden ist weder effizient noch wirtschaftlich. Die SPD-Fraktion wird den Haushaltsplan 2020 daher ablehnen.
Abschließend noch zwei Sätze zur Corona-Pandemie: Die SPD-Fraktion wird alles unternehmen und die Verwaltung unterstützen, um die Corona-Pandemie für alle Bürgerinnen und Bürger sowie auch die hiesige Wirtschaft abzumildern.
Dazu gehört, dass wir der ersten Maßnahme, der Erhöhung des Kreditrahmens und der Mittelbereitstellung von 250.000 € folgen werden. Unser Dank gehört in diesem Jahr, neben den Mitarbeitenden der Verwaltung, allen ehren- sowie hauptamtlich Beschäftigten und Helfern, die sich besonnen und verantwortungsvoll in dieser schweren Situation verhalten.